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Straßenkreuzer reich beschert – NZ

14. Januar 2012

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Dieser Stopp muss sein. Eigentlich hat Ulrich Maly gar keine Zeit – der OB kommt gerade aus Niederbayern und ist auf dem Weg zum nächsten Termin. Die kleine Einweihungsfeier in der Nürnberger Wilhelm-Spaeth-Straße 65 aber lässt er sich nicht nehmen. Immerhin ist er seit langem ein großer Bewunderer: „Nun ist der Straßenkreuzer auf dem Gipfel der menschlichen Existenz angekommen – nämlich in der Büro-Kratie“, formuliert er launig. Das Projekt habe sich stets weiterentwickelt und sei aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Zur ursprünglichen Obdachlosenzeitung seien andere Projekte hinzugekommen – dafür brauche man eben Platz: „Ich finde es schön, dass der Straßenkreuzer von hier aus regiert wird“. Dass die Räumlichkeiten städtisches Eigentum sind, freut den Rathauschef zusätzlich.



Mehr als zwei Jahre hat der Verein Straßenkreuzer, der das gleichnamige Sozialmagazin herausgibt, nach einem passenden Gebäude gesucht. „Die Objekte waren bisher einfach alle zu teuer“, erzählt Chefredakteurin Ilse Weiß. Irgendwann aber sei der „Leidensdruck“ in den alten winzigen Räumen so groß gewesen – da habe man dann als Mieter zugegriffen.

Das Warten hat sich gelohnt: Der helle Laden, in dem früher eine Bäckerei untergebracht war, hat vier Zimmer und eine Teeküche. Die Kosten für Renovierung und Möbel haben Ehrenamtliche und Sponsoren übernommen. Die Telefonanlage stammt zum Beispiel von Siemens Enterprise Communications: „Jetzt haben wir mehrere Telefone mit verschiedenen Rufnummern“, lobt Weiß. Das ist auch nötig. Denn neben dem Magazin betreut der Verein inzwischen viele weitere Projekte: etwa eine jährliche Musik-CD oder die ungewöhnlichen Stadtführungen.


Das Telefon dürfte in den kommenden Wochen ohnehin nicht still stehen. Denn eine Benefizaktion des Nürnberger Regisseurs Jean-Francois Drozak sorgt (fast) bundesweit für Aufsehen. „Das Interesse ist riesig“, sagt Weiß. Noch immer kann sie es kaum glauben, dass mehr als 20 Künstler, Journalisten und Geistliche ein Schaufenster in der Rothenburger Straße zu ihrem Schlafzimmer machen – als Sympathiebekundung für den Straßenkreuzer. Wie in einem Teil unserer Auflage berichtet, zeigen die Teilnehmer in einer Art lebendem Adventskalender, wofür es sich zu träumen lohnt. An der Aktion beteiligt sich unter anderem der SPD-Stadtrat Michael Ziegler sowie der Psychiatrie-Koordinator der Stadt, Heiner Dehner. Auch die Nürnberger Zeitung macht bei dem Projekt mit.


Die „Übernachtungsgäste“ sollen Schaufensterbummler dazu anregen, dem Straßenkreuzer mit mindestens 60 Euro pro Jahr unter die Arme zu greifen. Initiator Drozak überzeugte beim Straßenkreuzer vor allem das Konzept: „Die Zeitung aktiviert die Betroffenen“, erklärte er im NZ-Gespräch. Hier gehe es um Hilfe zur Selbsthilfe. Menschen, die Hilfe benötigen, würden nicht nur mit Geld versorgt. „Man gibt ihnen eine Arbeit, die in ihre Lebenswelt passt.“ Nach Mitstreitern musste er nicht lange suchen: „Wir haben uns gewundert, wie schnell die Termine weg waren.“

Von einer solchen Sympathiewelle ist Ilse Weiß sichtlich angetan: „So viele Menschen machen sich für uns stark, das finde ich umwerfend und sage aus tiefstem Herzen danke“.

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