Teilen ist in. Ob Autos, Kleidung oder Bohrmaschinen – für viele Dinge des täglichen Gebrauchs gibt es heutzutage Tausch- und Mietbörsen. Claudia Myslinski hat diese „Solidarische Ökonomie“ in ihrer Bachelorarbeit untersucht. Am Freitag diskutiert die Nürnberger Studentin mit allen Interessierten in der NZ-Kiezredaktion über ihre Ergebnisse.
NZ: Frau Myslinski, was ist „Solidarische Ökonomie“?
Claudia Myslinski: Das ist eine alternative Form des Wirtschaftens. Dabei geht es an erster Stelle um menschliche Bedürfnisse wie Selbstorganisation, freiwillige Kooperation und gegenseitige Unterstützung. Das ist ein Trend, der in Folge der Finanzkrise und der Griechenlandkrise entstanden ist, als die Menschen gemerkt haben, dass es so nicht weiter geht. Sie haben angefangen, Kleidertauschpartys zu organisieren, Carsharing und so weiter, um Ressourcen neu zu verteilen.
NZ: Was ist das Ziel Ihrer Forschung?
Myslinski: Es soll ein Glossar mit 20 bis 30 Begriffen für die Menschen der Stadt Nürnberg entstehen, damit alle eine gemeinsame Sprache finden, um über volkswirtschaftliche Begriffe und speziell über die Solidarische Ökonomie sprechen zu können. Was ist eigentlich Kooperation? Was ist Transparenz? Daran arbeiten wir am Institut für Wirtschaftswissenschaft der Uni Erlangen- Nürnberg,
zusammen mit dem Kulturförderverein Nordkurve und „Bluepingu“, einer Initiative für nachhaltigen Konsum.
NZ: Warum ist eine gemeinsame Sprache bei diesem Thema so wichtig?
Myslinski: Weil sonst Missverständnisse entstehen. Da schreiben gemeinnützige Vereine viele Mails hin und her und reden völlig aneinander vorbei. Natürlich gibt es Definitionen klassischer volkswirtschaftlicher Begriffe, aber eben noch nicht für das Thema der Solidarischen Ökonomie.
NZ: Was haben Sie selbst schon Solidarisch-Ökonomisches gemacht?
Myslinski: Bei Kleidertauschpartys habe ich schon mitgemacht. Da bringt jeder etwas mit, das er nicht mehr anzieht und nimmt etwas anderes mit nach Hause. Da geht es nicht um Geld, sondern man unterstützt sich gegenseitig. In Berlin gibt es auch einen
Laden, in den Leute ihr übriges Essen bringen, bevor sie in den Urlaub fahren. Andere profitieren dann davon.
NZ: Wie müssen die Menschen sein, damit so etwas funktioniert?
Myslinski: Offen! Sehr offen. Und bereit, etwas zu verändern. Sie müssen nachhaltig denken wollen und nicht nur ich-bezogen. Dann können sie sehen, wie Wirtschaften anders und besser funktionieren kann, für sie selbst, für andere und die Umwelt.
NZ: Woran könnte das scheitern?
Myslinski: Am Konkurrenz-Denken und -Verhalten. Wenn jeder nur nach seinen eigenen Interessen handelt. In großen Unternehmen ist die Solidarische Ökonomie schwierig umzusetzen, weil die Ziele andere sind. Auch wenn sich Kooperationspartner nicht vertrauen, funktioniert es nicht.
Fragen: Christina Merkel