Ein „Wohnzimmer“, was ist das eigentlich? Was macht einen Raum aus, was braucht er, was soll er transportieren können, um als ein „Wohnzimmer“ gelten zu dürfen? Dieser Frage geht das Projekt „Wohnzimmer zur Mitte“ nach, das Simona Leyzerovich gemeinsam mit dem Kulturverein Nordkurve e. V. ins Leben gerufen hat. Und als wäre das Projekt, das im November in einem Atelierraum in Johannis an den Start gegangen ist, nicht bereits vielschichtig genug, so soll es als Pilot für eine richtig große Sache dienen: Wenn das Konzept funktioniert, könnten bald 500 Nürnberger Haushalte ihr Wohnzimmer für eine kulturelle Veranstaltung öffnen und damit beweisen, dass das „Bürgerrecht Kultur zu unserer gelebten Alltagskultur geworden ist.“
Es war ein einschneidendes Erlebnis, das Jean-Francois Drozak vor 20 Jahren den Weg zur heutigen Idee geebnet hat. Zu Besuch in Irland, erzählt der 42-Jährige Sozialarbeiter und Begründer des Kulturvereins und -raums „Nordkurve e. V.“, habe er eine alte Dame kennengelernt. Unlängst verwitwet, habe diese beschlossen, bei Bedarf der Einsamkeit ein Ende zu bereiten, kurzerhand ihr Wohnzimmer um- und einen Tresen hineingeräumt und wann immer ihr danach war per Guinness-Leuchtschild vor der Tür zur Geselligkeit geladen. „Das“, so Drozak, „hat mir das Wohnzimmer so gezeigt, wie es sein soll: ein Begegnungsort für Menschen.“ Ganz ähnlich sieht das auch Simona Leyzerovich: „Im Gegensatz zu früher verbringen Menschen so viel Zeit alleine daheim, vor dem Fernseher oder mit dem Smartphone“, sagt die 25-Jährige und schwärmt von Zeiten des „Chambre d’amis“ und gelebter Salon-Kultur. Für ihre Bachelor-Arbeit im Studienfach „Design“ der Ohm-Hochschule möchte sie „den Lebensort Wohnzimmer erforschen, abstrahieren, dekonstruieren und dessen Grenzen ausloten.“