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Alkoholexzess wie in der Geisterbahn – FN

21. Februar 2009

Theaterprojekt Zirndorf

Alkoholexzess in der düsteren Geisterbahn
Bereits zum dritten Mal arbeitet die Agentur «Kunstdünger» mit Zirndorfer Realschülern an einem ernsten Thema. Nach Aids und Rechtsradikalismus geht es beim jüngsten Theaterprojekt ums Komasaufen.

ZIRNDORF – Die Problematik Komatrinken führt in eine Art Geisterbahn. Acht eigens dafür gecastete Schüler zeigen verlangsamt einen feucht-fröhlichen Partyabend in sechs Szenen. «Tube» – zu deutsch Tunnel – lautet der Name des Stückes, das Bühnen-Experten und Schüler selbst erarbeiteten.

Nach jedem Abschnitt werden die jungen Zuschauer der achten und neunten Jahrgangsstufe dazu angeregt, darüber nachzudenken, wie sie sich in der jeweiligen Situation verhalten würden. «Freeze» ruft Jean-Francois Drozak, Theaterpädagoge und Begründer der Agentur «Kunstdünger», nach jeder Szene. Die Darsteller verharren in ihren Positionen und das Publikum ist an der Reihe. «Was würdest Du jetzt tun?», fragt Drozak einige der Zuschauer ganz direkt.

Grüne oder gelbe Karte
Mit einer grünen Karte signalisiert man, dass man nun selbst aufhören würde, Alkohol zu trinken. Die gelbe Karte steht dafür, jemand anderen zum Aufhören zu bewegen.

Die paar Bier und etwas Schnaps aus der ersten Szene, in der die Feier beginnt, stellen für die wenigstens einen Grund dar, aus dem Gruppenbesäufnis auszusteigen. «Noch ist ja nicht viel Alkohol im Spiel, warum also jetzt schon aufhören?», wird erklärt.

Ein Trinkspiel später sind einige der Partygäste schon deutlich alkoholisierter. Plötzlich scheint alles lustig zu sein, sie beginnen laut und unkontrolliert zu lachen – und die Gastgeberin ist zusehends genervt.

Einige aus dem Publikum empfinden das Gesehene als peinlich und würden jetzt aussteigen. Andere entscheiden sich zusätzlich für die gelbe Karte. Auf Drozaks Frage, was einer Frau in solch einem alkoholisierten Zustand passieren kann, antworten die Schüler schnell mit «Belästigung» oder «Entführung».

Entscheidend sei, so der Theaterpädagoge, sich darüber im Klaren zu sein, dass man durch zu viel Alkohol die Kontrolle über den eigenen Körper abgebe. Weiter geht die Fahrt in der «Geisterbahn»: Und das Niveau auf der Feier sinkt von Szene zu Szene, bis sich der Spaß schließlich in bitteren Ernst verkehrt. Zum Schluss droht eines der betrunkenen Mädchen nicht mehr aufzuwachen. Erst nach langem Einreden und Rütteln kommt sie langsam wieder zu sich.

An dieser Stelle wirft Drozak das aktuelle Beispiel des Berliner Gastwirtes ein, der dabei zusah, wie sich ein 16-Jähriger mit 45 Tequilas zu Tode getrunken hat.

Die Atmosphäre ist angespannt, das Stück zu Ende. Es gibt einiges zu verdauen, daher arbeiten die Schüler und Schülerinnen das Thema im Anschluss mit einem betreuenden Lehrer auf.

«Damit sich das Ganze setzen kann, werden neben Infobroschüren auch Fragebögen verteilt, die zu Hause ausgefüllt werden können», erläutert Rektor Josef Nisster. Nach den Worten des Schulleiters ist es das Hauptanliegen des Projekts, 14- bis 16-Jährige aufzurütteln, «aber nicht mit erhobenem Zeigefinger». Auch in Zukunft sind weiteren Kooperationen mit dem Theaterleuten geplant.

Karin Ehrmann

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